PEX-Handbuch – 3. Prüfungsverlauf

Um die Qualifikationsverfahren professionell durchzuführen, braucht es grosses berufliches Fachwissen, Freude an der Arbeit mit Lernenden, Organisationstalent, Kenntnisse des Prüfungsablaufs und eine gute Vorbereitung. Berufsbildnerinnen/Berufsbildner und andere Fachleute aus der Wirtschaft haben die besten Voraussetzungen, diese anspruchsvolle Aufgabe kompetent auszuüben. Sie werden dabei durch die verschiedenen Prüfungsorgane unterstützt.

Ausbildende hantiert mit Metallschneidemaschine
EHB

3.1 Zusammenarbeit und Verantwortlichkeiten

Zusammenarbeit
Die Zusammenarbeit zwischen den Partnern der Berufsbildung kommt auch bei den Qualifikationsverfahren zum Tragen. Die Organisationsstrukturen sind aber teilweise sehr verschieden und variieren von Kanton zu Kanton und zwischen den Berufsbereichen. Als Vollzugsbehörde sind die Kantone für die Eröffnung der Prüfungsergebnisse zuständig. Organisation und Durchführung der Verfahren können sie selbst durchführen oder an Dritte delegieren.

Image 02 : Structure organisationnelle des acteurs/actrices dans la procédure de qualification
Abbildung 2: Organisationsstruktur der Akteurinnen/Akteure im Qualifikationsverfahren
HEFP

Kantonale Behörde/Prüfungskommission
Um den rechtlich korrekten Ablauf der Qualifikationsverfahren sicherzustellen, sind in vielen Kantonen Prüfungskommissionen für die Überwachung des Prüfungsablaufs zuständig. Als Träger der Kommissionen können auch kantonale oder gesamtschweizerische Organisationen der Arbeitswelt in Frage kommen. Die Kommission als ein von den Behörden eingesetztes Gremium überwacht die Rechtmässigkeit der Verfahren.

 

Prüfungsleiterinnen/Prüfungsleiter
Kantonale oder durch den Kanton beauftragte Prüfungsleiterinnen und -leiter tragen in ihrem Bereich die Verantwortung für eine rechtskonforme und reibungslose Durchführung der Qualifikationsverfahren. Sie sind in der Regel für alle dem SBFI unterstellten Berufe zuständig. Zusammen mit den Chefexpertinnen/Chefexperten bilden sie das Rückgrat von Organisation und Durchführung der Prüfungen.

 

Chefexpertinnen/Chefexperten
Die Chefexpertinnen/Chefexperten sind ernannte Prüfungsexpertinnen und -experten mit kantonalem Mandat, die für den organisatorischen Ablauf der Abschlussprüfungen ihres Berufs zuständig sind. Sie planen die Abschlussprüfung, garantieren die Qualität der Prüfungen und sind die Verbindung zur kantonalen Behörde. 

Die Chefexpertinnen/Chefexperten verantworten folgende Aufgaben:

  • Stellen das Prüfungsexpertinnen- und Prüfungsexpertenteam zusammen und führen dieses.
  • Erstellen den Prüfungsplan.
  • Sind für die Aufgaben besorgt (praktische Arbeiten und Berufskunde schriftlich).
  • Instruieren die Prüfungsexpertinnen und -experten sowie gegebenenfalls die Kandidatinnen/ Kandidaten vor der Abschlussprüfung.
  • Greifen (nur) bei besonderen Vorkommnissen ein.
  • Kontrollieren nach der Prüfung die Qualität der Protokolle.
  • Berechnen das Prüfungsergebnis und leiten dieses an die kantonale Behörde weiter.
  • Gewähren Akteneinsicht gemäss der Prüfungsbehörde.
  • Nehmen gegenüber der Behörde Stellung zu allfälligen Beschwerden.

Neben den fachlichen Voraussetzungen benötigen sie Erfahrung im Prüfungswesen, Erfahrung als Berufsbildnerin/Berufsbildner, hohe Sozialkompetenzen und Organisationstalent. Die Chefexpertinnen/Chefexperten sind gegenüber den Prüfungsexpertinnen und -experten weisungsbefugt.

Prüfungsexpertinnen und -experten
Die Prüfungsexpertinnen und -experten haben ein kantonales Mandat und sind den Chefexpertinnen/Chefexperten unterstellt. Sie kommen vorbereitet an das Qualifikationsverfahren, nehmen die Prüfungen ab und beurteilen die Prüfungsarbeiten.

Die Hauptaufgaben sind nachstehend aufgeführt:

  • Sie kennen den Inhalt der Verordnung über die berufliche Grundbildung.
  • Sie kennen die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen.
  • Sie kennen die Bewertungsunterlagen und die vorgegebenen Instrumente.
  • Sie sind für die mündliche oder praktische Prüfung vorbereitet.
  • Sie überwachen den Prüfungsverlauf der Kandidatinnen/Kandidaten.
  • Sie halten sich an alle vorgeschriebenen Regeln.
  • Sie korrigieren und bewerten auf der Grundlage des Protokollrasters, auch Bewertungsraster genannt.
  • Sie beachten die Regeln der Notengebung und setzen zu zweit ganze oder halbe Positionsnoten.
  • Sie halten sich an die Schweigepflicht.
  • Sie respektieren das Amtsgeheimnis (keine Notenbekanntgabe).

Auch die Prüfungsexpertinnen und -experten benötigen neben den fachlichen Voraussetzungen eine grosse Erfahrung in der Berufsbildung. Sie sind die engsten Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter der Chefexpertinnen/Chefexperten und stellen mit ihren Fach-, Methoden- und Sozialkompetenzen die Qualität des Qualifikationsverfahrens sicher.

 

Organisationen der Arbeitswelt
Die OdA nehmen bei der Prüfungskoordination eine wichtige Rolle ein. Einerseits bestimmen sie die Prüfungsinhalte bei der Entwicklung oder der Revision von Bildungsverordnungen, andererseits setzen sie die Standards von Prüfungsaufgaben bei der zentralen Vorbereitung von Prüfungen. Schliesslich sind Bund und Kantone auf ihre Unterstützung in der Schulung von Prüfungsexpertinnen und -experten angewiesen, wenn es darum geht, ausgewiesene Fachleute als Referentinnen/Referenten zu finden.

 

Interkantonale Koordination
Im Rahmen der Schweizerischen Berufsbildungsämter-Konferenz SBBK stellen verschiedene Kommissionen und Institutionen eine wirksame Zusammenarbeit sicher:

  • Die Abteilung Qualifikationsverfahren des schweizerischen Dienstleistungszentrums Berufsbildung, Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung SDBB stellt den Prüfungsbehörden in einigen Berufen einheitliche Prüfungsaufgaben und Bewertungsunterlagen zur Verfügung. Sie arbeitet zu diesem Zweck mit den Organisationen der Arbeitswelt und Lehrpersonen zusammen. Mit dieser Koordination fördert sie die Erarbeitung schweizerisch einheitlicher Prüfungsvorgaben.
  • Die SBBK/SDBB-Kommission Qualifikationsverfahren mit sprachregionalen Subkommissionen (Prüfungsleiterinnen/Prüfungsleiter) regelt die Koordination in verschiedenen Fragen wie zum Beispiel Prüfungstermine, gemeinsame Prüfungsorte, administrative Verfahren oder Prüfungserleichterungen. Sie gibt Empfehlungen in rechtlichen und organisatorischen Belangen heraus und erarbeitet Drucksachen in Zusammenarbeit mit dem SDBB-Verlag.

Kommissionen für Prüfungsaufgaben existieren auch auf kantonaler oder regionaler Ebene. Die so erarbeiteten Prüfungsaufgaben garantieren einen mindestens regional einheitlichen Standard.

 

Delegation der Prüfungsdurchführung
In der Regel sind die Kantone für die Durchführung der Prüfungsverfahren zuständig. Das SBFI kann Organisationen der Arbeitswelt auf deren Antrag die Durchführung der Qualifikationsverfahren für einzelne Landesteile oder für die ganze Schweiz übertragen (Artikel 40 BBG). Einige Berufe kennen zentrale Prüfungskommissionen, die auf schweizerischer Ebene für eine Harmonisierung und für die Vergleichbarkeit der Prüfungen zuständig sind. Sie arbeiten mit den kantonalen oder regionalen Prüfungsbehörden zusammen. 

3.2 Prüfungsanmeldung und Prüfungsaufgebot

Anmeldeverfahren
Die Prüfungsbehörde stellt den Lehrbetrieben Anmeldeformulare mit den nötigen Informationen zu. Berufsbildnerinnen/Berufsbildner sind dafür verantwortlich, dass die Lernenden fristgerecht jeweils im Herbst zur Prüfung angemeldet  werden.

 

Aufgebot
Die Prüfungsbehörde stellt den Kandidatinnen/Kandidaten ca. vier Wochen vor Prüfungsbeginn das Prüfungsaufgebot zu. Das Aufgebot umfasst je nach Beruf den Prüfungsplan, allgemeine Informationen zum Prüfungsablauf, Material- und Werkzeuglisten, Listen der erlaubten Hilfsmittel und in der Regel die Namen der Prüfungsexpertinnen und -experten.

 

Prüfungskosten
Die Prüfungsbehörde kann den Lehrbetrieben Material- und Raumkosten in Rechnung stellen. Bei Personen nach Artikel 32 BBV und bei Repetentinnen/Repetenten ohne Lehrvertrag können diesen Materialkosten und Raummieten in Rechnung gestellt werden. Für weiteren Aufwand bei der Durchführung des ersten Qualifikationsverfahrens dürfen weder von Lehrbetrieben noch von Lernenden Gebühren erhoben werden.

3.3 Vorbereitung auf die Prüfung

Wer nicht dauernd mit den speziellen Aufgaben einer Prüfung konfrontiert ist, kann deren Voraussetzungen und Besonderheiten nicht immer präsent haben. Prüfungsexpertinnen und -experten müssen sich deshalb jeweils vor den Prüfungen immer wieder neu in diese nebenberufliche Tätigkeit einarbeiten.

Persönliche Vorbereitung
Wichtig bei der persönlichen Vorbereitung auf den Einsatz als Prüfungsexpertin/Prüfungsexperte sind die Kenntnisse der Eckpunkte und Prüfungsanforderungen im eigenen Beruf. Die Prüfungsinhalte gehen oft über den eigenen, im beruflichen Alltag praktizierten Spezialisierungsgrad, hinaus. Deshalb gilt es, sich mit der ganzen Bandbreite des Berufs und den aktuellen Entwicklungen vertraut zu machen.

Das Gelingen der Prüfung ist von einer grossen Anzahl gut geregelter Einzelheiten abhängig. Um sie im Griff zu haben, ist es empfehlenswert, sich in folgende Grundlagendokumente einzulesen:

Grundlagendokumente der Prüfungsvorbereitung
Abbildung 3: Grundlagendokumente der Prüfungsvorbereitung
EHB

Organisatorische Vorbereitung durch die Chefexpertin/den Chefexperten
Die Chefexpertin/der Chefexperte plant und organisiert die Details des Prüfungsablaufs in Zusammenarbeit mit der Prüfungsbehörde und kann dabei einzelne Aufgaben an die Prüfungsexpertinnen- und Prüfungsexpertenteams delegieren.

Eine Checkliste mit allen Details hilft für die lückenlose Vorbereitung. Sie enthält zum Beispiel folgende Punkte:

  • Nötige Anzahl Prüfungsaufgaben bereitstellen, nötige Anzahl Prüfungsserien kopieren
  • Notizpapier für die Kandidatinnen/Kandidaten bereitlegen
  • Schreibmaterial in Reserve halten
  • Arbeitsplatz einrichten
  • Prüfungsplan für alle sichtbar anbringen
  • Klassenspiegel erstellen, damit alle Vorkommnisse dokumentiert werden können
  • Kandidatennummern beachten
  • Wanduhr sollte angebracht sein
  • Prüfungsdatum an die Wandtafel schreiben

Vorbesprechung

  • Um eine möglichst optimale und einheitliche Durchführung der Prüfungen sicherzustellen, führt das Prüfungsexpertinnen- und Prüfungsexpertenteam vor der Prüfung eine Besprechung durch. Die Art und Dauer der Besprechung wird in der Regel durch die Chefexpertin/den Chefexperten bestimmt und hängt von aktuellen Gegebenheiten (z. B. neue Bestimmungen, neue Verordnung über die berufliche Grundbildung) ab.
  • Das Prüfungsexpertinnen- und Prüfungsexpertenteam spricht mit der Chefexpertin/dem Chefexperten ab, wie es bei Übertretungen der Prüfungsordnung reagieren muss. Die Vorbesprechung dient auch zur Klärung allfälliger  Rückfragen aus dem Prüfungsexpertinnen und Prüfungsexpertenteam.
  • Die zuständige Behörde oder die Prüfungskommission ist dafür verantwortlich, dass alle Prüfungsexpertinnen und -experten für die Prüfungen gut vorbereitet sind.

An der Vorbesprechung wird ebenfalls definiert, wie und in welchem Umfang die Kandidatinnen/Kandidaten vor der Prüfung informiert werden.

Diese Information beinhaltet zum Beispiel:

  • Identitätskontrolle
  • Frage nach Gesundheitszustand
  • Vorgehen bei Zuspätkommen
  • Zeitstruktur, Pausen und Abgabetermin
  • Kontrolle und Beschriftung der ausgeteilten Prüfung durch die Kandidatinnen/Kandidaten
  • Verhalten bei vorzeitiger Abgabe der Prüfung
  • Verlassen des Raums während der Prüfung (z. B. Pausen, Toilettenbesuch)
  • Antwortregelung bei Fragen der Kandidatinnen/Kandidaten
  • bewilligte Hilfsmittel (stehen grundsätzlich auf dem Titelblatt der Aufgaben)
  • allfällige Notenabzüge bei Überschreitung der Prüfungszeit
  • Bewertung von nicht ausgeführten Arbeiten mit der Note 1
  • Konsequenzen bei Übertretungen der Prüfungsordnung wie zum Beispiel Verwendung unerlaubter Hilfsmittel, Mithilfe anderer Personen, Abschreiben oder Kopieren, Austausch von Prüfungsarbeiten, Vorweisen oder Weiterverwenden fremder Arbeiten, Mitbringen von zu Hause vorbereiteten oder ergänzten Arbeiten oder Mitnehmen der Arbeiten nach Hause
  • Vorgehen bei unzweckmässiger Arbeitskleidung

3.4 Aufgaben der Prüfungsexpertin/des Prüfungsexperten während der Prüfungsdurchführung

Information
Prüfungsexpertinnen und -experten beginnen die praktische, schriftliche oder mündliche Prüfung, indem sie die Kandidatinnen/Kandidaten gemäss den Vorgaben der zuständigen Chefexpertin/ des zuständigen Chefexperten standardisiert informieren.
Es empfiehlt sich, wichtige Informationen über Ablauf und Notengebung schriftlich abzugeben und zu erläutern. Die Zeit für Begrüssung, Platzanweisung und Orientierung zählt nicht zur eigentlichen Prüfungszeit, wie sie in der jeweiligen Verordnung über die berufliche Grundbildung definiert ist.

Gesundheitszustand
Prüfungsexpertinnen und -experten befragen die Kandidatinnen/Kandidaten zu Beginn der Prüfung nach ihrem Gesundheitszustand. Kleinere gesundheitliche Beschwerden werden protokolliert; bei grosser Beeinträchtigung durch gesundheitliche Beschwerden sollte die Prüfung nicht absolviert und ein Verschiebedatum festgelegt werden. In diesem Fall begibt sich die Kandidatin/der Kandidat in ärztliche Behandlung und reicht der Prüfungsleitung nachträglich ein Arztzeugnis ein. Besteht die Kandidatin/der Kandidat bei einer grossen gesundheitlichen Beeinträchtigung dennoch darauf, die Prüfung abzulegen, gilt bei einer allfälligen Einsprache gegen das Ergebnis die Krankheit nicht als Grund. Die Prüfungsbehörde entscheidet im Einzelfall über den Zeitpunkt einer allfälligen Nachprüfung.

Prüfungsaufsicht
Prüfungsexpertinnen und -experten überwachen die praktische Tätigkeit oder die schriftliche Arbeit der Kandidatinnen/Kandidaten, um damit den korrekten Prüfungsverlauf sicherzustellen. Der Umgang mit Kandidatinnen/Kandidaten bleibt dabei stets ruhig und sachlich. Fragen nach dem persönlichen Umfeld oder dem Lehrbetrieb stören unter Umständen die Konzentration und sollen vermieden werden.

Verschiedene Aufgaben und Pflichten warten dabei auf die Prüfungsexpertinnen und -experten.
Sie sind unter anderem dafür zuständig:

  • nötige Erklärungen abzugeben z. B. zu Prüfungsaufgaben oder zum Funktionieren eines Instruments oder einer Maschine. Dabei darf das Prüfungsergebnis nicht verfälscht werden. Bei Unklarheiten schafft die Rücksprache mit der Chefexpertin/dem Chefexperten Sicherheit.
  • Arbeitspausen und Prüfungszeiten im Voraus festzulegen und deren Einhaltung sicherzustellen.
  • die administrativen und disziplinarischen Regelungen der Prüfungsbehörde durchzusetzen.
  • bei unvorhergesehenen Ereignissen rasch zu reagieren und wenn nötig die Chefexpertin/den Chefexperten bzw. die Prüfungsbehörde zu benachrichtigen.
  • alle besonderen Vorkommnisse in einem Prüfungsprotokoll festzuhalten.

Interventionen gegenüber Kandidatinnen/Kandidaten sind aber nicht immer ganz einfach und sollten jeweils gut überlegt stattfinden.

  • Belehrungen oder Eingriffe in den Prüfungsablauf sind nur zulässig, wenn die Gefahr eines Unfalls, eines kostspieligen Materialverschleisses oder eines Maschinenschadens besteht.
  • Auf die Behauptung einer Kandidatin/eines Kandidaten, sie/er sei in einem bestimmten Gebietnicht ausgebildet worden, darf nicht eingetreten werden. Solche Klagen werden, wie alle anderen Vorkommnisse, zur Kenntnis genommen und im Prüfungsprotokoll vermerkt.
  • Führen technische Schwierigkeiten (z. B. eine defekte Maschine oder ein unbrauchbares Instrument) zu einem Prüfungsunterbruch, so darf die verlorene Zeit nachgeholt werden.

Prüfungsprotokoll

Über den Prüfungsverlauf ist Protokoll zu führen (Artikel 35 Absatz 2 BBV). Die Dokumentation des Prüfungsverlaufs ist darum wichtig und gehört zur zentralen Aufgabe von Prüfungsexpertinnen und -experten. Wenn Unregelmässigkeiten auftreten (beispielsweise verspätetes Antreten, Prüfungsunterbruch, etc.) und die betroffene Kandidatin/der betroffene Kandidat eine aufsichtsrechtliche Beschwerde gegen den Verlauf der Prüfung einreicht, steht oft Aussage gegen Aussage. Ein Rapport über den Prüfungsverlauf mit allen Vorkommnissen, Unregelmässigkeiten und Interventionen (was/wann/wer/wie …) beugt Unklarheiten vor und hilft bei der Beschwerdeantwort. Schliesslich bildet die Protokollierung die Grundlage für eine objektive und faire Beurteilung und erlaubt im Fall einer Beschwerde, die Notengebung nachzuvollziehen. Je nach Beruf stehen für die einzelnen Prüfungsteile vorbereitete Protokollraster oder Bewertungsraster zur Verfügung; diese sind verbindlich. Die Protokolle müssen nach Weisung der Prüfungsleitung aufbewahrt oder abgegeben werden. Im Falle von Beschwerden dient das Prüfungsprotokoll dazu, ganze Prüfungen oder Prüfungsteile zu rekonstruieren.

Zutrittsberechtigung während des Verfahrens

In Verwaltungsverfahren gilt grundsätzlich das Prinzip der Partei-, nicht aber der Publikumsöffentlichkeit.

Drittpersonen haben keinen Rechtsanspruch auf Einsichtnahme in ein Verwaltungsverfahren. Auf die Abschlussprüfung bezogen heisst das, dass nur die beauftragten Prüfungsexpertinnen und -experten, die Chefexpertin/der Chefexperte und die Aufsichtsbehörde Zutritt zu den Prüfungsräumen haben. Die zuständige Prüfungsbehörde kann allerdings Ausnahmen bewilligen.

3.5 Präsenz der Kandidatin/des Kandidaten

Verspätetes Antreten
Tritt eine Kandidatin/ein Kandidat verspätet zum Qualifikationsverfahren an, so ist es nicht die Aufgabe des Prüfungsexpertinnen- und Prüfungsexpertenteams, die Stichhaltigkeit der vorgebrachten Gründe zu überprüfen; dies ist die Aufgabe der Chefexpertin/des Chefexperten. Trägt die Kandidatin/der Kandidat nicht offensichtlich selbst Schuld an der Verspätung, besteht dasAnrecht auf eine ungekürzte Prüfungszeit. Verspätungen sollten wenn möglich durch Dritte (z. B. Polizei bei einem Unfall oder Bahnpersonal bei Zugverspätungen) bestätigt werden.

Abwesenheiten
Erscheint eine Kandidatin/ein Kandidat nicht zum Qualifikationsverfahren, erfordert dies eine sofortige Rückfrage beim Lehrbetrieb und/oder bei der gesetzlichen Vertretung. Die Chefexpertin/ der Chefexperte orientiert die zuständige Prüfungsbehörde über das Ergebnis der Abklärung. Bei Krankheit oder Unfall muss die Kandidatin/der Kandidat ein ärztliches Zeugnis einreichen. Eine Krankmeldung ohne ärztliches Zeugnis gilt als unentschuldigte Absenz.

Über unentschuldigtes Fernbleiben muss die zuständige Prüfungsbehörde sofort orientiert werden. Sie entscheidet, ob und wann die Prüfung wiederholt werden kann, oder ob sie als absolviert und nicht bestanden zu bewerten ist.

Prüfungsunterbruch
Bei einem Unfall oder einer Erkrankung wird die Prüfung für die entsprechende Kandidatin/den entsprechenden Kandidaten unterbrochen. Nach der Genesung kann sie entweder weitergeführt oder neu begonnen werden. Zuständig für diesen Entscheid ist die kantonale Prüfungsbehörde.

Prüfungsabbruch
Verlässt eine Kandidatin/ein Kandidat unbegründet den Prüfungsort, so gilt dies unter Umständen als Abbruch, und die ausgeführten Arbeiten werden entsprechend als nicht bestanden bewertet. Die Prüfungsexpertin/der Prüfungsexperte hält den Vorfall im Protokoll fest und zieht die Chefexpertin/den Chefexperten bei. Die Prüfungsbehörde muss sofort über den Vorfall orientiert werden.

3.6 Hilfsmittel an der Prüfung

Benutzen von Hilfsmitteln

Taschenrechner, Tabellen und Formelbücher sowie Unterlagen zur Rechtschreibung dürfen grundsätzlich in allen Fächern der Qualifikationsverfahren verwendet werden. Eine Ausnahme bilden diejenigen Fächer oder Positionen, in denen ausdrücklich keine oder nur andere Hilfsmittel gestattet sind.

Alle Hilfsmittel haben persönlichen Charakter und müssen von der Kandidatin/vom Kandidaten selbst mitgebracht werden. Sie dürfen nicht zur Benützung an andere Kandidatinnen/Kandidaten ausgeliehen werden.

Elektronische Geräte an der Prüfung (Agenda, Handy usw.) unterliegen bestimmten Regeln:

  • keine akustischen Töne und visuellen Signale (stört die anderen Prüfungsteilnehmenden),
  • Gespräche mit Hilfe der Geräte sind verboten,
  • nicht an einem Ausgabegerät (z. B. Drucker) angeschlossen,
  • kein Datentransfer,
  • netzunabhängige Geräte.

Mit dem Prüfungsaufgebot orientiert die Chefexpertin/der Chefexperte darüber, welche Hilfsmittel an der Prüfung erlaubt sind.

Lerndokumentation
Verschiedene Bildungsverordnungen schreiben die Führung einer Lerndokumentation (Instrument zur Förderung der betrieblichen Bildung) vor, in der die Lernenden wesentliche Arbeitsabläufe, erworbene Fachkenntnisse und Erfahrungen festhalten. Die Benutzung der Lerndokumentation während des Qualifikationsverfahrens ist in der jeweiligen Verordnung geregelt. Die EHB hat für die Arbeit mit der Lerndokumentation generelle Standards erarbeitet.

  • Die Lerndokumentation ist ein betriebliches Ausbildungsinstrument, das die Brücke zu den anderen Lernorten schlägt.
    Die Ausbildung findet in der Regel an drei Lernorten statt: Betrieb, Berufsfachschule und überbetriebliche Kurse. Alle Lernorte tragen ihren Teil zur Ausbildung bei, die Kooperation ist deshalb sehr wichtig. Wenn die Lernenden durch das Instrument Lerndokumentation dazu herausgefordert werden, ihr Wissen aus allen drei Lernorten zu aktivieren und für die Einträge und Beschreibungen zu nutzen, kann damit die Lernortkooperation gefördert und unterstützt werden.
     
  • Die Lerndokumentation ist konsequent auf die Beschreibung und Reflexion beruflicher Handlungssituationen ausgerichtet.
    Ziel der beruflichen Grundbildung ist die kompetente Bewältigung von berufstypischen Handlungssituationen. Damit dies gelingt, bauen die Lernenden im Laufe der Ausbildung eine Vielzahl von Kompetenzen auf. Sie sollen fähig werden, die erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Haltungen in der entsprechenden Situation abzurufen und richtig kombiniert einzusetzen.
    Die Lerndokumentation soll so ausgerichtet sein, dass berufliche Handlungssituationen dokumentiert und reflektiert werden, und zwar so, dass die an den verschiedenen Lernorten erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Haltungen, die in den jeweiligen Situationen von Bedeutung sind, als solche erkannt und sichtbar gemacht werden.
     
  • Die Lerndokumentation macht die Lernfortschritte der Lernenden sichtbar.
    Die Reflexion des Lernens und der Lernfortschritte soll die Lernenden zur Erkenntnis von eigenen Lernstrategien führen und Lernerfolge und auch Lernschwierigkeiten verstehbar machen. Dazu gehört auch die Darstellung, wie mit schwierigen Situationen umgegangen und wie aus Fehlern gelernt wurde. Aus diesen Erkenntnissen resultiert ein bewussteres und gezielteres Lernen. Indem die lernende Person ihre Lernfortschritte sichtbar macht und den Ertrag ihrer Lernbemühungen erkennt, wird sie zum weiteren Lernen motiviert.
    Die Lerndokumentation kann herangezogen werden, wenn es um die Standortbestimmung und das gemeinsame Definieren der nächsten Ausbildungsschritte und -ziele geht.
     
  • Die Lerndokumentation unterstützt die Lernenden, sich in den Ausbildungsanforderungen des Berufs zurechtzufinden und ihren Leistungsstand einzuschätzen.
    Die Lerndokumentation soll als Dokumentation der beruflichen Aufgaben auch ein Resultat der Erkundung resp. des Kennenlernens des eigenen Berufs sein. Sie wird so zu einem wichtigen Bezugsdokument für die Stärkung der beruflichen Identität. Sie unterstützt die Entwicklung der Selbsteinschätzung der Lernenden, wenn sie dazu auffordert, den aktuellen Ausbildungsstand mit dem geforderten Niveau zu vergleichen (in der Art eines «Ist-Soll-Vergleichs») und eigenständig weitere Lernschritte zu planen.
     
  • Die Lerndokumentation ist ein Hilfsmittel für die praktische Prüfung.
    Die meisten Berufe kennen die Regelung, dass die Lerndokumentation bei der praktischen Prüfung verwendet werden kann. Die Lerndokumentation dient den Lernenden somit für die Vorbereitung der praktischen Prüfung; während der praktischen Prüfung kann sie als Nachschlagewerk verwendet werden. In anderen Berufen wird eine mündliche Prüfung auf der Basis der Lerndokumentation in Form eines Fachgesprächs geführt. Die Prüfungsexpertinnen und -experten bereiten dieses Gespräch anhand der Einträge in der Lerndokumentation vor. Die Lerndokumentation selbst darf von den Prüfungsexpertinnen und -experten nicht bewertet werden.
     
  • Die Lerndokumentation ist ein Nachweisinstrument.
    Die Lerndokumentation kann auch nach der Ausbildung wertvoll bleiben; die Lernenden können auf der Grundlage gut ausgewählter Beiträge ein Portfolio erstellen, das ihre berufliche Kompetenz und ihre besonderen Stärken aufzeigt und das sie für ihre Laufbahn nutzen können.

Diese unterschiedlichen Funktionen sollten in der Anleitung der OdA zum Führen der Lerndokumentation in Übereinstimmung mit der Wegleitung für das Qualifikationsverfahren genau beschrieben werden.

3.7 Prüfungsdauer und Prüfungszeiten

Prüfungsdauer
Die tägliche Prüfungsdauer entspricht grundsätzlich einem Arbeitstag. Sie darf nicht mehr als neun Arbeitsstunden betragen.

Prüfungszeiten
Die örtlichen Verhältnisse, die Verbindungen der öffentlichen Verkehrsmittel und die Herkunft der Kandidatinnen/Kandidaten werden bei der Ansetzung der Prüfungszeiten berücksichtigt.

Prüfungspausen
Prüfungsexpertinnen und -experten tragen dem Leistungsvermögen der Kandidatinnen/Kandidaten Rechnung, indem sie je nach Anspruchsniveau der Prüfungsfächer und Prüfungsformen angepasste Pausen anordnen und durchführen. Sie dienen ausserdem dazu, den reibungslosen Wechsel der Prüfungslokale ohne Einbusse bei der reglementarischen Prüfungszeit sicherzustellen.
Chefexpertinnen/Chefexperten setzen die Prüfungsabläufe inklusive Pausen für alle Kandidatinnen/Kandidaten gleich an.

3.8 Massnahmen bei Unregelmässigkeiten

Übertreten der Prüfungsordnung
Die Prüfungsaufsicht muss vor Beginn der Prüfung mit der Chefexpertin/dem Chefexperten sowie der kantonalen Behörde absprechen, wie bei Übertretungen der Prüfungsordnung zu reagieren ist. Die Kandidatinnen/Kandidaten müssen über die Konsequenzen bei Fehlverhalten informiert werden.

Die Chefexpertin/der Chefexperte ist dafür verantwortlich, dass das Qualifikationsverfahren durch ihr/sein Prüfungsexpertinnen- und Prüfungsexpertenteam während der gesamten Dauer überwacht wird. Eine lückenlose Aufsicht und geeignete organisatorische Massnahmen tragen viel dazu bei, dass Übertretungen der Prüfungsordnung gar nicht erst vorkommen können.
Bei Vorfällen muss die Prüfungsbehörde orientiert werden. Der Vorgang wird protokolliert und mögliche Beweisstücke werden eingezogen. Die Betroffenen und allfällige Zeugen unterzeichnen das Protokoll. Während der Untersuchung und der Benachrichtigung der Prüfungsbehörde bleibt die Prüfung für die betroffene Kandidatin/den betroffenen Kandidaten unterbrochen. Die Prüfungsexpertin/der Prüfungsexperte richtet sich in diesen Situationen nach den Abmachungen und Rahmenbedingungen, wie sie anlässlich der Vorbesprechung durch das Prüfungsexpertinnen- und Prüfungsexpertenteam definiert wurden.

Massnahmen
Prinzipiell müssen die Betroffenen bei ungebührlichem Benehmen zuerst verwarnt werden, bevor sie im Wiederholungsfall von der Prüfung ausgeschlossen werden. Bei einer Wegweisung spielt es keine Rolle, ob die Prüfung erst vor kurzer Zeit begonnen hat oder nur noch kurze Zeit dauert. Grundsätzlich soll mit einer Wegweisung sorgfältig umgegangen werden. Es empfiehlt sich, vorgängig die Chefexpertin/den Chefexperten zu kontaktieren.

Liegt ein offensichtlicher Prüfungsbetrug wie Verwendung unerlaubter Hilfsmittel oder Mithilfe anderer Personen vor, so wird die Prüfung sofort unterbrochen und der Vorfall protokolliert. Die Prüfungsbehörde entscheidet dann, aufgrund der kantonalen Gesetzgebung, über die Konsequenzen und erlässt eine beschwerdefähige Verfügung.

Je nach Schwere der Übertretung kann die kantonale Behörde Massnahmen anordnen:

  • Einmalige Ermahnung oder einmaliger Verweis
  • Noten- oder Punkteabzug
  • Prüfungsabbruch
    1. Abbruch des Prüfungsteils (Position oder Qualifikationsbereich) mit der Folge, dass dieser mit der Note 1 bewertet wird.
    2. Abbruch der ganzen Abschlussprüfung mit der Folge, dass die Prüfung als nicht bestanden gilt.
    3. Abbruch der Prüfung mit der Folge, dass der Vorfall an die Chefexpertin/den Chefexperten oder die kantonale Behörde zur weiteren Untersuchung gemeldet wird.

Nach einem Prüfungsabbruch muss die Aufsichtsperson alle Unterlagen einziehen, den Vorfall dokumentieren und an die Chefexpertin/den Chefexperten oder die kantonale Behörde weiterleiten. Mit der Strafverfügung teilen die Chefexpertin/der Chefexperte sowie die kantonale Behörde der Kandidatin/dem Kandidaten die ihr/ihm zur Verfügung stehenden Rechtsmittel mit.

Unregelmässigkeiten ohne Verschulden der Kandidatinnen/Kandidaten
Steigen während einer Prüfung notwendige Arbeitsgeräte (PC, Maschinen o. ä.) aus oder stören äussere Umstände wie beispielsweise Baulärm die Konzentration der Kandidatinnen/Kandidaten so sehr, dass die Prüfung nicht mehr weitergeführt werden kann, so gilt sie als ungültig und kann zu gegebener Zeit nochmals absolviert werden.
Ungültig kann eine Prüfung auch dann sein, wenn die Inhalte ganz oder teilweise nicht mit der Bildungsverordnung sowie dem Bildungsplan übereinstimmen. Der Entscheid, ob eine solche Prüfung ganz oder teilweise als ungültig erklärt wird, liegt bei den Prüfungsbehörden.

Massnahmen
Sind Prüfungen ganz oder teilweise ungültig, so werden so rasch als möglich Nachprüfungen organisiert. Diese gelten nicht als Wiederholung.

3.9 Notengebung

Die Leistung der Kandidatinnen/Kandidaten wird aufgrund der Prüfungsergebnisse, die in einem Prüfungsprotokoll oder in korrigierten schriftlichen Prüfungsarbeiten vorliegen, benotet. Die Notengebung ist in Artikel 34 Absatz 1 BBV festgehalten: «Die Leistungen in den Qualifikationsverfahren werden in ganzen oder halben Noten ausgedrückt. 6 ist die höchste, 1 die tiefste Note. Noten unter 4 stehen für ungenügende Leistungen.»

Notengebung
Die Qualifikationsverfahren wenden eine auf die Aufgaben bezogene Notengebung an. Die Anforderungen werden im Voraus festgelegt.
Die erbrachten Leistungen einer Kandidatin/eines Kandidaten werden mit den festgelegten Anforderungen verglichen und absolut – das heisst entsprechend dem Grad der Zielerreichung und nicht im Vergleich mit anderen – bewertet. Diese Art der Bewertung bringt mit sich, dass das Notenbild (Durchschnitt, Streuung, Selektionsquoten) einer Gruppe nicht im Voraus geplant werden und von Gruppe zu Gruppe variieren kann.

Zentral ausgearbeitete Aufgaben enthalten in der Regel einen Bewertungsschlüssel. Dies stellt sicher, dass im ganzen Anwendungsgebiet dieser Aufgaben gleiche Ergebnisse oder Teilergebnisse mit der gleichen Punktzahl bewertet werden. Erarbeiten regionale Teams die Prüfungsaufgaben, so ist das vorgängige Erstellen eines Bewertungsschlüssels unumgänglich.

Notenskala
Für alle Bereiche der Qualifikationsverfahren gilt die folgende Notenskala:

Andere als halbe Zwischennoten sind nicht zugelassen. Die Durchschnitte der Qualifikationsbereiche werden auf höchstens eine Dezimalstelle gerundet (Artikel 34 Absatz 2 BBV).

Positionsnoten
Setzt sich ein Qualifikationsbereich aus Prüfungspositionen zusammen, wird für jede Position eine Note gemäss oben stehender Notenskala erteilt. Werden für die Ermittlung von Positionsnoten vorerst Unterpositionsnoten eingesetzt, so werden diese entsprechend ihrer Wichtigkeit im Rahmen der Prüfungsposition berücksichtigt. Eine allfällige Gewichtung einzelner Positions- und/oder Unterpositionsnoten ist in den Richtlinien zum Qualifikationsverfahren geregelt sowie in den entsprechenden Protokollrastern abgebildet.

Würde statt der Unterposition 3 die Unterposition 2 als die gegenüber den anderen gewichtigere Teilarbeit gelten beträgt die Positionsnote 4,0.

Umrechnungsregeln Punkte in Notenwerte
Werden Prüfungsarbeiten in einem ersten Schritt mit Punkten bewertet, dann müssen diese in einem zweiten Schritt in Notenwerte umgerechnet werden. Die Umrechnung kann auf verschiedene Arten realisiert werden. Bund, Kantone und die Schweizerische Berufsbildungsämter-Konferenz SBBK haben sich darauf geeinigt, die Skala der nach Berufsbildungsverordnung möglichen Notenwerte von 1,0 bis 6,0 linear abzudecken.

Die Anwendung der Umrechnungsregel hat zur Folge, dass 60% der maximal möglichen Leistungen dem mathematischen Mittel für den Notenwert 4 entsprechen:

Notenverteilung
Abbildung 4: Notenverteilung
EHB

Rundungsregeln
Der Zusammenzug von erzielten Noten erfolgt nach den Rundungsregeln.

Erstnoten werden aus den erzielten Punkten ermittelt und grundsätzlich nach der Notenskala erteilt – in halben oder ganzen Noten. Das gilt für alle Prüfungsbereiche und unabhängig davon, ob es sich um eine Prüfungsposition oder eine Unterposition handelt.

Da das Ergebnis des Qualifikationsverfahrens in einer Gesamtnote ausgedrückt wird, müssen die verschiedenen Notenwerte gemittelt werden. Dabei werden die Noten der Qualifikationsbereiche als Mittelwert aus den einzelnen Positionen der Qualifikationsbereiche auf eine Dezimalstelle gerundet.

Noten der Qualifikationsbereiche
Die Noten der Qualifikationsbereiche, die aufgrund der Bildungsverordnung als Einzelnote zu erteilen sind, richten sich nach der Notenskala. Die Erfahrungsnote setzt sich aus dem berufskundlichen Unterricht und evtl. zusätzlich aus den überbetrieblichen Kursen und der betrieblichen Bildung zusammen. Die Notenberechnung ergibt sich aus der jeweiligen Bildungsverordnung. Noten der Qualifikationsbereiche aus Positions- oder Erfahrungsnoten werden auf eine Dezimalstelle gerundet berechnet.

Gesamtnote
Die Gesamtnote, aus Noten der Qualifikationsbereiche berechnet, wird in gleicher Weise wie
die Noten aus den Qualifikationsbereichen ermittelt.

Eine einzelne Erfahrungsnote (z. B. berufskundlicher Unterricht) wird auf die halbe oder ganze Note berechnet. Wenn zwei oder drei Erfahrungsnoten erfasst werden (z. B. überbetriebliche Kurse und berufliche Praxis), wird das Mittel der Summe der einzelnen Noten auf eine Dezimalstelle gerundet.

Repetentinnen/Repetenten mit ungenügenden Erfahrungsnoten
Wenn die Repetentin/der Repetent sich durch einen mindestens zwei Semester dauernden Besuch der Berufsfachschule neue Erfahrungsnoten verschafft, werden die neuen Erfahrungsnoten berücksichtigt. Wenn die Repetentin/der Repetent die Berufsfachschule nicht besucht, werden die alten, auch ungenügenden Erfahrungsnoten, beibehalten. Dies ist in der Bildungsverordnung, Abschnitt 8, Qualifikationsverfahren, geregelt.

Grenzfälle
Prüfungsergebnisse von Kandidatinnen/Kandidaten, welche das Qualifikationsverfahren knapp nicht bestanden haben, werden in den folgenden Fällen überprüft:

  • wenn durch die Verbesserung einer Positionsnote um höchstens einen halben Notenwert das EFZ oder EBA erteilt werden kann oder
  • wenn ein Qualifikationsbereich (falls Fallnote) oder die Gesamtnote den Notenwert 3.9 ausweist oder
  • wenn eine Kandidatin/ein Kandidat in einem Qualifikationsbereich, für den ein Nachteilsausgleich verfügt wurde, eine ungenügende Note erteilt wurde.

Die Überprüfung des Ergebnisses bedeutet nicht, dass eine Position oder eine Punktzahl angehoben wird. Für den Entscheid, ob die Prüfungsposition oder eine Punktzahl angehoben wird oder nicht, soll massgebend sein, ob die Kandidatin/der Kandidat die in der Verordnung über die berufliche Grundbildung und im Bildungsplan beschriebenen Lernziele gesamthaft beurteilt erreicht hat.

Rahmenbedingungen
Erfahrungsnoten, Noten des Qualifikationsbereichs Allgemeinbildung und Noten aus Drittprüfungen wie Sprachzertifikaten, dürfen nicht angehoben werden.
In der Regel ist mit der Chefexpertin/dem Chefexperten Rücksprache zu nehmen. Bei Kandidatinnen/Kandidaten, die ausserhalb ihres Lehrvertragskantons das Qualifikationsverfahren abgelegt haben, ist dies zwingend (keine Doppelanhebung).
Das Verhalten der Kandidatin/des Kandidaten während der Ausbildung darf kein Grund für oder gegen die Anhebung einer Note sein.

3.10 Prüfungsergebnisse

Prüfungsergebnisse werden den Kandidatinnen/Kandidaten in einer schriftlichen Verfügung durch die Prüfungsbehörde bekannt gegeben und sind damit Bestandteil des verwaltungsrechtlichen Vorgangs.


Prüfungsergebnisse weiterleiten
Prüfungsexpertinnen und -experten sind verantwortlich, dass die erreichten Prüfungsnoten rasch und vollständig an die richtige Stelle weitergeleitet werden:

Weiterleitung der Prüfungsergebnisse
Abbildung 5: Weiterleitung der Prüfungsergebnisse
EHB

Weitere wichtige Einzelheiten bei der Weitergabe von Prüfungsergebnissen:

  • Die Chefexpertin/der Chefexperte kontrolliert die Notenblätter und leitet sie an die Prüfungsbehörde weiter.
  • Alle übrigen Prüfungsakten bleiben grundsätzlich bei der Chefexpertin/beim Chefexperten, um sie während der festgelegten Frist (siehe Kapitel 3.11) aufzubewahren.
  • Ergeben sich an der Prüfung Schwierigkeiten, ergänzen die protokollierten Vorkommnisse das Prüfungsergebnis.
  • Das Notenformular ist so gestaltet, dass jede erteilte Positionsnote aussagekräftig begründet werden kann. Die Begründung der Noten dient dazu, auf Verlangen der Berechtigten genauere Auskünfte über das erzielte Ergebnis geben zu können.
  • Auf dem Notenformular oder auf einem Zusatzblatt werden Feststellungen über vermutete Mängel in der beruflichen Ausbildung festgehalten, und zwar unabhängig davon, ob der Qualifikationsbereich genügend oder ungenügend ist. Diese Berichte bilden die Basis für die Überprüfung des betreffenden Lehrbetriebs durch die zuständige kantonale Behörde. Die Prüfungsbehörden sind verpflichtet, diese Angaben an die zuständige Stelle, in der Regel an die Lehraufsicht, weiterzuleiten.

Prüfungserfolg
Die Kriterien, wann und unter welchen Umständen eine Prüfung als bestanden gilt, sind im Abschnitt 8, Qualifikationsverfahren, der jeweiligen Verordnung über die berufliche Grundbildung geregelt. 

Prüfungsergebnis eröffnen (Notenausweis, Fähigkeitszeugnis und Berufsattest)
Die kantonale Prüfungsbehörde (Lehrortskanton) eröffnet das Prüfungsergebnis bei bestandener und nicht bestandener Prüfung mit dem kantonalen Prüfungsausweis (amtliche Verfügung). Der Notenausweis wird den Vertragsparteien per Post zugestellt. Gegen diese Verfügung kann gemäss kantonaler Gesetzgebung Beschwerde erhoben werden.

Bei bestandener Prüfung erteilt die Prüfungsbehörde das eidgenössische Fähigkeitszeugnis der drei- oder vierjährigen berufliche Grundbildung (EFZ) oder das eidgenössische Berufsattest (EBA). Das Fähigkeitszeugnis oder das Berufsattest kann auch an einer Lehrabschlussfeier ausgehändigt werden.

3.11 Aktenführung und Beschwerdenverfahren

Aufbewahren der Akten
Die Aufbewahrungspflicht leitet sich aus den in den kantonalen Bestimmungen festgelegten Fristen resp. den Beschwerdemöglichkeiten ab. Die Akten und Prüfungsarbeiten müssen im Fall von Beschwerden bis zur rechtskräftigen Erledigung (gegebenenfalls bis vor Verwaltungsgericht oder sogar Bundesgericht) aufbewahrt werden. In diesen Fällen ist die Vernichtung erst nach Rücksprache mit der Prüfungsbehörde vorzunehmen.

Die Aufbewahrung von schriftlichen Prüfungsakten bietet in der Regel keine Schwierigkeiten. Über Prüfungsarbeiten in Form von verderblichen Produkten oder Dienstleistungen geben aussagekräftige Prüfungsprotokolle Auskunft, aus denen insbesondere die Bewertungen (Punkte- oder Notenabzüge) nachvollzogen werden können.

Alle Prüfungsarbeiten müssen bis zum Ablauf der Beschwerdefrist, in der Regel während mindestens dreissig Tagen nach der Prüfung (kantonale Regelung), durch die Chefexpertin/ den Chefexperten aufbewahrt und unter Verschluss gehalten werden. Die zuständige Prüfungsbehörde entscheidet in der Regel, ob Prüfungsarbeiten später abgegeben oder zurückbehalten und vernichtet werden. Ist die Rückgabe vorgesehen, sind die Arbeiten Eigentum des Anbieters der beruflichen Praxis, da er Material und Werkzeug zur Verfügung gestellt und den Lernenden während der Prüfung den Lohn bezahlt hat. Er kann darüber entscheiden, ob er die Arbeit den Lernenden – gegebenenfalls gegen Vergütung von Materialkosten – überlassen will.

Recht auf Akteneinsicht

Die von einem Verwaltungsverfahren betroffenen Personen haben das Recht, die sie betreffenden Akten einzusehen. Der genaue Umfang des Akteneinsichtsrechts bestimmt sich hauptsächlich nach den kantonalen Vorschriften. In der Prüfungspraxis bedeutet dies, dass nach Erhalt des offiziellen Notenausweises die Lernenden resp. deren gesetzliche Vertretung sowie der Anbieter der Bildung in beruflicher Praxis bei der zuständigen Prüfungsbehörde oder in einigen Kantonen auch direkt bei der Chefexpertin/dem Chefexperten ein Gesuch um Einsichtnahme in die Prüfungsakten stellen können. Die Aufsichtsfunktion der Prüfungskommissionen hat zur Folge, dass deren Mitglieder ebenfalls zur Einsichtnahme legitimiert sind.

Die betroffenen Personen können innerhalb der kantonal festgelegten Frist Einsicht in die Prüfungsakten verlangen. Sie erhalten dadurch die Gelegenheit:

  • die Entscheidungsgrundlagen für die Bewertung einzusehen,
  • die Rechtmässigkeit der getroffenen Entscheide abzuschätzen,
  • allfällige Irrtümer aufzudecken,
  • sich für die Begründung einer Reklamation oder Beschwerde oder eines Rekurses die nötigen Informationen zu beschaffen oder
  • die Einsicht als Standortbestimmung zu nutzen für die Vorbereitung einer allfälligen Prüfungswiederholung.

Die Prüfungsbehörde bestimmt, wann und wo die Einsichtnahme stattfindet und wer die notwendigen Erläuterungen abgibt. Die Termine werden nach Möglichkeit in gegenseitiger Absprache innerhalb der Beschwerdefrist festgelegt, die, falls nötig, verlängert werden kann.

Grundsätzlich wird in alle Unterlagen Einsicht gewährt, die das lückenlose Zustandekommen der erteilten Noten erklären. Sie umfassen sämtliche Unterlagen (Prüfungsarbeiten, Protokolle, Notenblätter, usw.) der betroffenen Kandidatin/des betroffenen Kandidaten.

Bei der Einsichtnahme dürfen Notizen erstellt werden. Je nach kantonalen Vorschriften werden auch Kopien der Akten abgegeben.
Die verantwortliche Prüfungsbehörde beschränkt sich bei den Erläuterungen auf die nötigen
sachlichen Erklärungen zu den Beurteilungskriterien. Wertende Kommentare oder eine Diskussion über die erzielten Ergebnisse sollten unterlassen werden. Stattdessen kann auf die Beschwerdemöglichkeit hingewiesen werden.

Einsprachen
Überall dort, wo Verwaltungsrecht angewendet wird, steht den Betroffenen die Möglichkeit einer Beschwerde offen. Voraussetzung dazu ist in der Regel, dass die betroffenen Personen prozessfähig sind und an der Änderung oder Aufhebung eines Verwaltungsakts ein eigenes schutzwürdiges Interesse nachweisen können. Die Prozessfähigkeit richtet sich nach der zivilrechtlichen Handlungsfähigkeit. Diese ist in Artikel 13 des Zivilgesetzbuchs ZGB definiert: «Die Handlungsfähigkeit besitzt, wer volljährig und urteilsfähig ist». Wer also nicht volljährig ist, kann ein Ergebnis nur mit Zustimmung der Inhaberin/des Inhabers der elterlichen Sorge bzw. des Vormundes anfechten (Artikel 19 Absatz 1 ZGB).

Durch die Einsprache wird die Prüfungsbehörde verpflichtet, die Prüfungsabnahme und Notengebung zu überprüfen und gegebenenfalls neu zu verfügen. Dabei kann nach Anhören der zuständigen Chefexpertin/des zuständigen Chefexperten insbesondere die Bewertung geändert werden, sofern eine solche Massnahme aufgrund der gesamten Umstände gerechtfertigt erscheint.

Die Eröffnung der Prüfungsresultate ist eine kantonale Verfügung. Damit richtet sich das Beschwerdeverfahren nach dem Recht des Lehrortskantons.

Beschwerdeverfahren
Kommt es nach der Akteneinsicht zu einer Beschwerde gegen das Prüfungsergebnis, so ist es in der Regel die Aufgabe der Chefexpertin/des Chefexperten, zuhanden der Beschwerdeinstanz Stellung zu nehmen. Dabei erhält sie/er die Beschwerde im Wortlaut zugestellt, gibt auf die gemachten Einwände und Anträge eine sachlich fundierte Antwort und stellt je nach Bedarf das Aktenmaterial zur Verfügung.

Ist die zur Diskussion stehende Prüfungsarbeit noch vorhanden (schriftliche Prüfung, nicht verderbliche «Prüfungsstücke» aus den praktischen Arbeiten), so kann sie durch die Chefexpertin/ den Chefexperten nochmals eingehend beurteilt werden. Wo diese Beurteilung nicht mehr möglich ist (mündliche Prüfungen, verderbliche Prüfungsstücke, Dienstleistungen), stützt sich die Stellungnahme auf die Angaben der Prüfungsexpertin/des Prüfungsexperten im Protokoll.

3.12 Prüfungswiederholung

Umfang der Wiederholung
Nicht bestandene Prüfungen können zweimal wiederholt werden, in der Regel frühestens ein Jahr nach der nicht bestandenen Prüfung. Bereits früher bestandene Qualifikationsbereiche müssen – vorbehältlich einer strengeren Regelung in der Verordnung über die berufliche Grundbildung – nicht wiederholt werden. Die Prüfungsbehörde teilt mit, welche Qualifikationsbereiche wiederholt werden müssen. Auf Verlangen der Kandidatin/des Kandidaten kann das ganze Qualifikationsverfahren wiederholt werden. Die Noten früherer Prüfungen werden in diesem Fall nicht mehr berücksichtigt. Regelungen, welche die Erfahrungsnote betreffen, sind in der jeweiligen Verordnung über die berufliche Grundbildung aufgeführt.

Kosten
Besteht zum Zeitpunkt der Wiederholung kein (verlängertes) Lehrverhältnis mit Lehrvertrag, besteht keine Pflicht zu einer Lohnzahlung für die Prüfungszeit. Die Prüfungsbehörde kann in diesem Fall von der Kandidatin/dem Kandidaten eine Prüfungsgebühr sowie eine Vergütung für das zur Verfügung gestellte Material sowie für Raumkosten verlangen. Dies gilt auch für Kandidatinnen/Kandidaten nach Artikel 32 BBV.

Anmeldeverfahren
Bei Verlängerung des Lehrvertrags um ein Jahr wird in der Regel die Prüfungsanmeldung von der Prüfungsbehörde zugestellt. Bei Prüfungswiederholungen ohne Lehrvertrag sowie bei Kandidatinnen/Kandidaten mit besonderen Zulassungsvoraussetzungen gemäss Artikel 32 BBV liegt die Verantwortung der Prüfungsanmeldung bei den Kandidatinnen/Kandidaten (spätestens Ende August mit der zuständigen Prüfungsbehörde den Kontakt aufnehmen).

3.13 Nachteilausgleich

Einen Nachteilsausgleich kann beantragen, wer eine Behinderung nachweisen kann. Der Antrag muss bei der zuständigen Prüfungsbehörde, spätestens zusammen mit der Anmeldung, eingereicht werden. Gemäss Artikel 2 Absatz 5 Buchstaben a und b des Behindertengleichstellungsgesetzes liegt eine Benachteiligung bei der Inanspruchnahme von Aus- und Weiterbildung vor, wenn:

  • «a. die Verwendung behindertenspezifischer Hilfsmittel oder der Beizug notwendiger persönlicher Assistenz erschwert werden;
  • b. die Dauer und Ausgestaltung des Bildungsangebots sowie Prüfungen den spezifischen Bedürfnissen Behinderter nicht angepasst sind.»